Die Arbeit ging der Frage nach, welchen Einfluss die westgotische Gesetzgebung auf die Organisationsstrukturen und die Kirche im westgotischen Königreich nach 589 hatte.

Research

Die Arbeit analysierte die westgotischen Gesetze und die Konzile der westgotischen Kirche nach 589 ausgehend von einer philologisch-historischen vergleichenden Interpretation der infrage stehenden Texte und der jeweiligen Traditionen (Römische Gesetzgebung, Kanonessammlungen wie die Statuta Ecclesiae Antiqua etc.). Die Analyse der Texte erfolgte vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung zu Fragen der ethnischen Identität und des Inkulturationsprozesses der sogenannten Westgoten. Neben den Gesetzestexten wurden folglich auch die erzählenden Quellen wie die Chronik des Johannes von Biclaro, die historiographischen Schriften des Isidor von Sevilla und hagiographische Werke wie die Vitas Sanctorum Patrum Emeretensium in den Blick genommen. Stand bis zum letzten Drittel des vergangenen Jahrhunderts vor allem ein primordialistisches Ethnizitätsverständnis bei der Auseinandersetzung mit den Westgoten im Vordergrund, so wurden die Phänomene der Inkulturation der Westgoten und der sich damit verbindenden Fragen zum Verhältnis von Goten und Romanen, zur Identität der Westgoten usw. wesentlich differenzierter betrachtet. Fragen nach der Transformation spätantiker römischer Institutionen durch die Westgoten und die Einbeziehung der kirchlichen Verwaltungsstrukturen für die Organisation der Machtausübung haben somit zentrale Bedeutung. Gleichwohl wird nicht davon ausgegangen, dass die sich abzeichnenden Entwicklungen der Organisation der westgotischen Kirche nach 589 aus Sonderformen oder Ausprägungen der homöischen Kirche vor 589 oder aus “germanischen” überkommenen Elementen resultieren, sondern vielmehr Ergebnis der sich über Jahrhunderte hinziehenden Inkulturation waren.

Ergebnisse

Die Analyse und Interpretation der infrage stehenden Texte vor dem Hintergrund der aktuellen Forschungsdebatten zu Inkulturation und Ethnizität wirft ein neues Licht auf das Verhältnis und die Organisation von westgotischen Machtakteuren zur westgotischen Kirche nach 589. Gleichzeitig zeichnet sich ab, dass klassische Ansätze, die Sonderausprägungen mit dem homöischen Bekenntnis der Westgoten von vor 589  oder “germanischen” Elementen begründen, nicht aufrecht erhalten werden können. Vielmehr können scheinbar singuläre Entwicklungen der westgotischen Kirche auf verschiedene Traditionen zugeführt werden, die teilweise in den aktuellen Forschungsdebatten noch nicht ausreichend berücksichtigt wurden.

Diskussion der Ergebnisse im Lichte der aktuellen Forschung

Zahlreiche in den letzten beiden Jahrzehnten erschienene Monographien und Aufsätze beschäftigen sich mit den Westgoten. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf Fragen nach der Herausbildung und Identität, der Ethnizität der Westgoten und der Judengesetzgebung. Grundlegend für Fragen zur westgotischen Kirche sind immer noch die Beiträge von Schäferdiek, die nun beispielsweise durch die Arbeit von Suntrup (2001) ergänzt werden.