Seit dem spatial turn hat sich in der Geografie wie auch in den Geschichts-, Kultur- und Medienwissenschaften ein neuer Blick auf Kartografie entwickelt, der auch zentrale identitätsrelevante Aspekte mit in den Blick nimmt. Dies betrifft zum einen die in Karten enthaltene Zeichenkommunikation, die inzwischen im Übergang zwischen Wissenschaftlichkeit und Suggestivbotschaften verortet werden (Kartensprachen). Zum anderen stehen verschiedene Formen des Performativen im Zentrum weiterer Überlegungen (symbolische Geografien, Herstellung von Räumen durch Kartenverwendung). Der Vortrag versucht nun, diese Zugänge zu bilanzieren und Modellkomponenten zu definieren, die in Hinblick auf ihre diachrone Anwendbarkeit besonders interessant erscheinen. Ausgangspunkt sind Beispiele aus der Kartografie- und der Kommunikationsgeschichte im politischen Raum und den damit verbundenen Strategien und Dynamiken zur Mobilisierung im 19. und 20. Jahrhundert. In den Referenzbeispielen aus der Region Ostmitteleuropa zeigt sich insbesondere die Wirkungsmächtigkeit und Entscheidungsrelevanz von Konstruktion von Wir-Gruppen und Wir-Räumen. Der Vortrag versucht jedoch auch Anregungen zu entwickeln, die in der Wissensgeschichte räumlicher Relationen und ihrer Abbildung in Karten neue Zugänge eröffnet und sich im Spannungsfeld von Materialität, Relationalität und Konstruktcharakter bewegen.