In seiner Studie zu einer bodenkundlichen Expedition in den brasilianischen Urwald beschrieb Bruno Latour die Transformationen, denen Untersuchungsobjekte im Verlauf von Forschungsprozessen unterworfen werden (Latour 2000). Latour beobachtete die Wege der Dinge zu den Worten und Zeichen und die Konsequenzen, die solche Transformationsprozesse für den Fortgang der Forschung und das Sprechen darüber haben. Er verwies darauf, dass diese Prozesse u.a. in ihrer Ökonomie überhaupt erst die “Übersicht” über diese Gegenstände ermöglichen.

Solche Übertragungen von Fundplätzen, Befunden und Funden in Zeichensysteme sind auch für die archäologische Wissensproduktion essentielle Praktiken. Ihre Produkte wie z. B. Karten ermöglichen den Überblick über Fundverteilungen auf Ausgrabungen oder landesweit – über die räumliche Verbreitung archäologischer Dinge schlechthin.

Besonders Karten sind inzwischen “kommunikative Selbstverständlichkeiten” (Gugerli – Orland 2002, 10) der Ur- und Frühgeschichtlichen Archäologie und sie leisten so überzeugend und machtvoll Bestandsaufnahmen ebenso wie Ergebnispräsentationen, dass darüber “ihre instrumentellen Voraussetzungen, ihre Prozeduren und Verfahrensbedingungen” (Ebd.) kaum mehr hinterfragt werden. Sie gilt es aber zu reflektieren, denn sie sind der tradierte Rahmen, in dem archäologische Funde und Befunde zu verschiedenen Zeichen auf Karten transformiert werden, um Ordnung in die Dinge zu bringen.

Eine Möglichkeit der Annäherung an diese Entstehungsbedingungen archäologischer Karten bietet die historiographische Perspektive. Im geplanten Vortrag soll am Beispiel von Debatten aus der Anfangszeit der archäologischen Kartographie um 1900 aufgezeigt werden, was konzipiert und praktiziert wurde, bevor das Kartieren archäologischer Dinge zur Selbstverständlichkeit wurde. Der Rückblick darauf, wie Potentiale und Grenzen der archäologischen Kartographie ausgehandelt wurden, wird deren inzwischen selbstverständliche Transformationsprozesse verdeutlichen. Dadurch werden auch die “riskanten Zwischenschritte” erkennbar (Latour 2000, 53), von denen Latour auf dem Weg vom Ding zum Zeichen sprach.

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Gugerli, D., – Orland B. Einführung. In: Dies. (Hrsg.), Ganz normale Bilder. Historische Beiträge zur visuellen Herstellung von Selbstverständlichkeit. Interferenzen 2 (Zürich 2002) 9-16; 10.

Latour, B. Zirkulierende Referenz. In: Bruno Latour, Die Hoffnung der Pandora. (Frankfurt am Main 2000) 36-95.