Bereits in der deutschen Philosophie und Soziologie des frühen 20. Jahrhunderts ereignete sich ein “material turn”, eine Hinwendung zu konkreten und alltäglichen Dingen, die, neben dem logischen Positivismus, Ausdruck eines wiedererstarkenden Empirismus war. Als exemplarisch für diesen Prozess sollen Texte von Ernst Bloch, Georg Simmel und Martin Heidegger diskutiert werden, die sich mit der Getränkeaufbewahrung dienenden Gefäßen beschäftigen. Das Interesse der nicht aufeinander Bezug nehmenden Theoretiker ausgerechnet an derartigen Gefäßen gründet darin, dass es sich um Gegenstände handelt, die beständig in Gebrauch sind, die sich aufgrund ihrer umfangreichen Außenfläche in besonderer Weise zu künstlerischen Gestaltungen eignen und die schließlich als dem Komplex der Konsumtion von Getränken angehörig oft in die gemeinsame soziale Praxis mehrerer Personen eingebettet sind. Ziel des Beitrags ist die Klärung der Frage, warum die an den Versuchen Blochs, Simmels und Heideggers ablesbaren Ansätze zu einer Hermeneutik materieller Kultur weitgehend versandeten, ohne eine Tradition begründen zu können, und ob eine Rückbesinnung auf ihre Konzepte, die (soweit ich sehe) keinen oder
zumindest keinen unmittelbaren Einfluss auf die seinerzeit sich allmählich etablierende ur- und frühgeschichtliche Archäologie hatten, für eine Erschließung der Bedeutung von Zeugnissen materieller Kultur auch gegenwärtig noch fruchtbar sein kann.