Raumwissen und Wissensräume – die beiden Schlagworte, die den Rahmen des Workshops abstecken, basieren auf Menschen, die Wissen aushandeln und verorten, die sich Räume erschließen und ihn gleichzeitig durch ihre Praktiken immer wieder neu konstituieren.
Gerade im Hinblick auf die archäologische Forschung steht als Akteur jedoch nicht der individuelle Mensch, sondern ein Kollektiv im Vordergrund; es ist das kollektive, das vernetzte Wissen, das sich im Medium des Raums materialisiert und dadurch untersuchbar wird. In seiner Kollektivität ist Wissen (und damit auch Raumwissen) das Ergebnis eines gesellschaftlichen Diskurses und infolgedessen geprägt von den Faktoren, die den Diskurs beeinflussen, wie Macht, Status, soziale und Geschlechterrollen und das daraus resultierende Verhalten.
Bei dieser Art der Betrachtung von Raumwissen bleibt eine Komponente, die sich auf die Menschen ebenso stark auswirkt, auf der Strecke, da sie nicht in das sehr auf Rationalität ausgerichtete Diskursmodell passen mag: die Emotion.
Als Ergebnisse eines subjektiven psychophysiologischen Prozesses sind Gefühle individuell und wandelbar. Im zyklischen Ablauf von Erkennen und Handeln1, mit dem Wissen und Raum immer wieder neu festgeschrieben und verquickt werden, sind Emotionen beim Schritt des Erkennens jedoch von großer Bedeutung, da sie bei jedem Durchlauf erneut zum Tragen kommen.
Die Auswirkungen von Emotion auf die Formierung von Wissen und Raum in der Antike sind mit archäologischen Mitteln, die nur in Ausnahmefällen handelnde Individuen ausmachen können, kaum untersuchbar. Stattdessen soll sich mein Beitrag der Frage widmen, wie Emotionen in der Forschung die Bewertung von Raum und Raumwissen beeinflussen. Das Konzept “Zuhause” ist eine der unmittelbarsten emotionalen Verknüpfungen zwischen Individuum und Raum, die die kulturelle Identität in vielerlei Hinsicht maßgeblich prägt. Gleichzeitig ist “Zuhause” wie der Begriff “Heimat” ideologisch aufgeladen und wird oft als anthropologische Konstante gesehen.
Auf dieser These aufbauen will ich in meinem Beitrag das Konzept “Zuhause” auf seine Allgemeingültigkeit prüfen und an seinem Beispiel darlegen, wie Emotion auf Konstitution von Raumwissen als Konstrukt der archäologischen Forschung einwirkt.

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1 im Sinne einer Kybernetik zweiter Ordnung (vgl. Heinz von Foerster, Observing Systems [Seaside, California 1981])